Freitag, September 01, 2006

Nach Canossa gehen wir nicht!

Neben herausragenden Ereignissen wie der Fußball-WM und der größten Grundgesetzreform aller Zeiten bringt das Jahr 2006 eine Vielzahl runder historischer Jubiläen mit sich:
So jährt sich in diesem Jahr zum 900. Mal der Todestag des römisch-deutschen Königs und Kaisers Heinrich IV.


Heinrich IV.? Da war doch was! Salierdynastie... Entführung von Kaiserswerth... Investiturstreit... Bannung des Königs durch Papst Gregor VII... Gang nach Canossa... Gegenkönige... Absetzung durch den eigenen Sohn, den späteren König und Kaiser Heinrich V.
Wie man aus den wenigen Stichworten erkennen kann, war die Regierungszeit Heinrich IV. von 1056 bis 1106 äußerst ereignisreich. Am stärksten haften geblieben im Gedächtnis der Nachwelt ist der Bußgang nach Canossa: Drei Tage lang harrte Heinrich im Büßergewand und barfuß mitten im tiefsten Winter vor den Toren der Burg Canossa aus, um die Aufhebung des Kirchenbannes durch den Papst zu erreichen, was ihm dann auch gelang.
Seitdem ist "nach Canossa gehen" ein Synonym für einen schweren, unangenehmen, erniedrigenden und möglicherweise sogar gesichtsverletzenden Bußgang. Das berühmteste Zitat in diesem Zusammenhang stammt von Otto von Bismarck, ausgesprochen in einer Reichstagsdebatte im Jahre 1872 bei der Diskussion über die Besetzung des deutschen Botschafters beim Vatikan: "Nach Canossa gehen wir nicht - weder körperlich noch geistig." Dieses Zitat wurde in den folgenden Jahren des Kulturkampfes immer wieder aufgegriffen und sogar auf der sogenannten "Canossa-Säule" auf der Harzburg (übrigens eines der großen Bauprojekte Heinrich IV.) verewigt.



Zu Canossa und seinen Nachwirkungen gibt es übrigens eine sehr umfangreiche Ausstellung in Paderborn, die noch bis zum 5. November läuft.

6 Comments:

Blogger Lionscate said...

Toll, lieber Bundesadler. Nur weiter so! Irgendwie passt das immer perfekt in meinen momentanen PW- bzw. Geschichtsunterrricht und ich konnte da letztens schon brilliant glänzen dank Ihnen! :o)

4:54 PM  
Blogger Andrea said...

Da der Weg nach Canossa nicht nur belastend ist, sondern auch mit viel Geduld zum Erfolge führen kann,sollte man ihn manchmal gehen.
Der gute Bismarck wollte ihn nicht gehen, wollte auch keine Kolonien...
Vielleicht liegt er heute aus diesem Grunde eingelegt auf einem Brötchen ;-)

10:35 PM  
Blogger Ziggy Stardust said...

Ich sollte auch mal nach Canossa.. Wird wohl langsam Zeit. *räusper*

Wie sieht's mit den Adlerschwingen aus? Eichamt, Finanzamt, .. wo sind neue Fotos?

2:27 AM  
Blogger Markus said...

@zeigefinger
Gemach, gemach. Weitere Adlerbilder folgen. Aber sie sollten dosiert und nicht geballt auftreten.

6:13 PM  
Blogger Markus said...

@dr.w
Ich war schon in Paderborn. Die Ausstellung hat einen Haufen tolle Exponate zu bieten. Leider hat aber der Ausstellungsteil im Diözesanmuseum nur wenig mit Canossa selbst zu tun. Die Ausstellungsteile in der Kaiserpfalz (Gründe für Canossa, das Ereignis selbst, Folgen von Canossa) sowie in der Städtischen Galerie (Canossa-Rezeption und -Mythos) sind sehr zu empfehlen.

9:17 AM  
Blogger Andrea said...

Nie kann man überall gleichzeitig sein. Schade.

10:45 AM  

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